Kind mit Inhalator

Multiprofessionelle Teams für CF-Patienten

Bei der angeborenen Stoffwechselerkrankung Cystische Fibrose (Mukoviszidose) ist der Wasser- und Salzhaushalt der Schleimhäute durch ein defektes Gen gestört. Zäher Schleim verklebt Lunge und Bauchspeicheldrüse. Durch fortschreitenden Funktionsausfall werden im Laufe des Lebens Atmung und Verdauung in unterschiedlicher Ausprägung beeinträchtigt. An den CF-Zentren für Kinder und Erwachsene am Klinikum Wels-Grieskirchen stehen den Betroffenen multiprofessionelle Teams zur Seite. Durch rasch einsetzende und effiziente Therapien sind die Langzeitprognosen heute deutlich besser. 

 

Seit rund 35 Jahren beschäftigt sich Kinderarzt Franz Eitelberger mit der (noch) unheilbaren Erbkrankheit. Die Therapieoptionen von damals stuft er heute als „mehr als schlecht“ ein: „Die Lebenserwartung lag bei ‚frühem Kindesalter‘ und stieg erst sukzessive mit der Entwicklung wirksamer antibiotischer Behandlungen, Atemphysiotherapie und innovativer Lungentransplantation. Betroffene Kinder, die ab dem Jahr 2000 geboren wurden, können heute ein Alter von ca. 50 Jahren erreichen.“ 

Therapie von Anfang an 

Eine Betreuung durch ein multiprofessionelles Team an einem CF-Zentrum ermöglicht Patienten effiziente und individuelle Therapien von Anfang an. Seit 1998 gibt es in Österreich einen flächendeckenden Früherkennungstest für Cystische Fibrose. Durch das Neugeborenen-Screening ist ein Therapiestart bereits ab der sechsten bis achten Lebenswoche möglich.

OA Dr. Franz Eitelberger

„Nach der Diagnosestellung werden Mutter und Kind stationär auf der Kinderabteilung aufgenommen. Hier findet das erste Kennenlernen mit dem Betreuungsteam statt, ebenso wie eine Einführung zu den Therapiemaßnahmen, wie Inhalation, Medikation und Physiotherapie, und eine Hygieneschulung.“

OA Dr. Franz Eitelberger, Leiter des CF-Zentrums für Kinder

 

 

Da bei Mukoviszidose auch Bauchspeicheldrüse und Verdauung in Mitleidenschaft betroffen sind, leiden die Kinder meist auch an Gedeihstörungen und Untergewicht. „Das Verabreichen von Enzymen ist notwendig, damit die Nahrung gut verdaut werden kann. Ab dem Beikostalter steht mit Michaela Großauer den Betroffenen die Diätologin des CF-Teams beratend zur Seite, wie der erhöhte Kalorienbedarf am besten gedeckt werden kann.“ 

Von aussichtlos bis zur Erfolgsgeschichte 

In Oberösterreich bestehen in Linz, Wels und Steyr gut etablierte CF-Zentren für Kinder. „In den letzten Jahren hat sich auch die Erwachsenenbetreuung weiterentwickelt, denn die Betroffenen haben aufgrund neuer – in Österreich gut – verfügbarer Medikamente plötzlich eine sprunghaft gestiegene längere Lebenserwartung“, erklärt Carolin Großruck, Leiterin des CF-Zentrums für Erwachsene am Klinikum Wels-Grieskirchen. „In Wels wurde eine der ersten Betreuungsmöglichkeiten für Erwachsene mit Cystischer Fibrose in Österreich eingerichtet.“ 

Überlebenswichtige Physiotherapie für Klein 

Sandra Bayer arbeitet seit rund 20 Jahren mit CF-Kindern im Alter von 0 bis 18 Jahren. „Wir sehen uns als Coach der Eltern, schulen sie unter anderem in Atem-, Haltungs- und Dehnungsübungen, Sekretmobilisation und Hygiene.“ Physiotherapie ist für CF-Betroffene täglich notwendig: „Vor allem muss der Schleim aus der Lunge abtransportiert werden, denn er bietet einen Nährboden für Bakterien – Ausgangspunkt für weitreichende Komplikationen, wie zum Beispiel eine Lungenentzündung!“ Neben Inhalationen, Klopfungen, Lagerungen und Kompressionen hilft vor allem Sport: „Wir motivieren die Kinder, aktiv zu sein, machen sie mit ersten Hilfsmitteln zur Sekretmobilisation vertraut und bieten Übungen auf der Kletterwand und am Gymnastikball, Rollbrettfahren und Trampolinspringen an. Das Training gelingt abhängig vom Krankheitsverlauf meist recht gut!“ Im Volksschulalter werden die Kinder dann angeleitet, Therapiemaßnahmen selbstständig durchzuführen, damit sie zum Beispiel auch unabhängig von den Eltern auf Projekttage fahren können. 

… und Groß 

„Ab dem 18. Lebensjahr erfolgt dann die Transition – die mittlerweile erwachsenen Patienten werden von der Kinderabteilung in die CF-Betreuung durch die Lungenabteilung überführt“, erklärt Gernot Gruber, einer der vier Physiotherapeuten mit spezieller Atemtherapieausbildung am Klinikum. Hauptaufgabe ist und bleibt: „Die sogenannte Bronchialtoilette: Es muss weiterhin regelmäßig der zähflüssige Schleim abtransportiert werden. Zudem werden die Bronchien im Krankheitsverlauf instabiler und beim Ausatmen verbleibt nicht-funktionelle Restluft in der Lunge. Durch Kompression und künstliche Atemwegswiderstände wird eine Entblähung forciert. Oft ist dies auch eine Frage der Kraft, darum braucht es Unterstützung durch den Therapeuten oder spezielle Geräte.“ Mit zunehmendem Alter leiden die Patienten auch an orthopädischen Problemen durch Veränderungen des Knochensystems, vor allem beim Brustkorb, und muskulären Verspannungen.

Psychologische Unterstützung 

Stärkend zur Seite stehen CF-Familien am Klinikum Wels-Grieskirchen von Anfang an Experten in der psychologischen Betreuung: „Die Eltern haben Angst, sind sich im Unklaren, was auf sie zukommt. Vielleicht hadern sie auch damit, kein gesundes Kind bekommen zu haben“, erklärt Martina Tischler, Klinische Psychologin, Kinder-, Jugend- und Familienpsychologin mit CF-Trainerzertifikat. „Und dann steht die Langzeitfrage im Raum: Wie wird es mit meinem Kind weitergehen?“ Der Weg ist nicht vorgegeben, unterschiedliche Mutationen rufen unterschiedliche Verläufe und Komplikationen hervor.

Martina Tischler

„Im Welser CF-Zentrum läuft alles sehr familiär ab, das Team ist hoch motiviert, wir leben mit den Familien mit. Multiprofessionelle Zusammenarbeit im Team auf Augenhöhe mit der Familie ist uns wichtig."

Mag. Martina Tischler, Klinische Psychologin, Kinder-, Jugend- und Familienpsychologin 

 

 

 

Je älter die Kinder, umso mehr werden sie in die psychologische Betreuung miteinbezogen. „Die Kinder sehen zum Teil anders aus als ihre Freunde, zum Beispiel ihre Nägel, ihre Stimme klingt anders, sie sind mager – das setzt ihnen auch psychisch zu. Mit der Pubertät und im Erwachsenenalter kommen bei den Betroffenen vor allem Fragen zu Beruf, Partnerschaft, Sexualität und Kinderwunsch sowie zur Berufswahl hinzu“, führt Claudia Muhr, Spezialistin für medizinische Psychosomatik und Psychotherapie, aus. Neben der Klinischen Psychologie leistet auch die Klinische Soziale Arbeit von Anfang an wertvolle Hilfestellung für die Alltagsbewältigung, auch in finanzieller Hinsicht.