Prim. Dr. Günter Schmiedhuber

Stürze im Alter vermeiden

Platzwunden, Prellungen und im schlimmsten Fall Brüche – ein Sturz birgt für ältere Menschen eine höhere Verletzungsgefahr als für jüngere. Aber gerade diese Altersgruppe ist einem besonders hohen Sturzrisiko ausgesetzt. Ein Grund dafür ist etwa die Abnahme von Koordination und Muskelmasse. Günter Schmiedhuber, Leiter der Abteilung für Unfallchirurgie am Klinikum Wels-Grieskirchen, zeigt Möglichkeiten auf, wie Stürze verhindert werden können.

 

„Im Alter steigt das Risiko für Stürze: Das liegt einerseits daran, dass das Zusammenspiel von Nervensystem und Muskeln nicht mehr so gut funktioniert und Kraft verloren geht, aber auch Faktoren wie bereits geschehene Stürze, Gang- und Gleichgewichtsstörungen, der Einsatz von Gehhilfen und Gelenksabnutzung spielen eine entscheidende Rolle“, so Schmiedhuber. Ob ein Angehöriger gefährdet ist zu stürzen, lässt sich ermitteln. „Stellen Sie sich die Frage, ob der Betroffene bereits einmal gestürzt ist! Ist er eher schwach auf den Beinen? Sieht er schlecht?“, regt der Unfallchirurg an. Bereits eine positive Antwort lässt auf ein erhöhtes Sturzrisiko schließen.

Achtung Nebenwirkungen!

Auch Kreislaufprobleme, etwa ein bei zu niedrigem Blutdruck auftretender Schwindel, können die Sturzgefahr beeinflussen. Die Nebenwirkungen von Medikamenten werden oftmals unterschätzt: „Zum Beispiel muss bei der Einnahme von Schlaftabletten oder andere Psychopharmaka mit einer gewissen Benommenheit gerechnet werden, andere Medikamente wiederum verstärken den Harndrang, der ältere Menschen auch nachts aus dem Bett treibt. Der nächtliche Gang zur Toilette ist der Klassiker unter den Sturzursachen.“

Unterschätzer Muskelabbau

Mit den Jahren nimmt die Muskelmasse ab: Zwischen dem 25. und dem 70. Lebensjahr verliert der Mensch durchschnittlich 40 Prozent seiner Muskelmasse, der Fettanteil nimmt zu.

Prim. Dr. Günter Schmiedhuber

 

„Ein 60-Jähriger hat häufig ein höheres Gewicht als in der Jugend, aber deutlich weniger Muskeln. Tendenziell wird er sich in den kommenden Jahren weniger bewegen.“

Prim. Dr. Günter Schmiedhuber
Leiter der Abteilung für Unfallchirurgie

 

Zusätzlich tritt eine ernährungsbedingte Reduktion der Muskulatur ein, welche wiederum die körperlichen Aktivitäten weiter einschränkt. Die Gefahr von Stürzen und Frakturen nimmt zu. Kommt es zum Sturz, sind die Folgen im fortschreitenden Alter fataler als beim jungen Menschen. „Ähnlich wie bei Kindern ist auch beim älteren Menschen der Kopf häufig betroffen, gefolgt von Armen, Hüften und Wirbelsäule. Diese Körperstellen sind einer dementsprechenden Verletzungsgefahr ausgesetzt“, so der Unfallprimar. Bestehende Erkrankungen, wie zum Beispiel Osteoporose, führen vermehrt zu Brüchen. Auch der Heilungsprozess verläuft im Alter langsamer, was wiederum zu einer Einschränkung der Mobilität führt. Ein Teufelskreis beginnt. Auch die Angst vor weiteren Stürzen mindert die Freude an der Bewegung. „Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass im fortschreitenden Erwachsenenalter einerseits das Risiko für Stürze und analog dazu auch das Risiko für Frakturen steigt.“

Vermeidbare Stürze

Zur effektiven Prävention von Stürzen rät Schmiedhuber: „Bleiben Sie in Bewegung – wenn möglich unter der Anleitung von Profis! Die Muskulatur sollte gezielt trainiert werden, damit sie nicht weiter an Masse verliert. Fördern Sie neben Kraft auch Gleichgewicht und Ausdauer! Kalkulieren Sie dabei die Nebenwirkungen von Medikamenten mit ein und seien Sie besonders achtsam bei Schwindel!“ In Absprache mit dem Arzt kann die Dosierung von Medikamenten, welche das Sturzrisiko negativ beeinflussen, angepasst werden. „Und legen Sie ein Augenmerk auf die Gefahrenquellen im eigenen Haushalt: Zum Beispiel lose Teppiche und am Boden verlaufende Kabel sind typische Stolperfallen, aber auch schlechte Beleuchtung und eine querende Katze sind gefährlich. Richten Sie im Sanitärbereiche und bei Stufen Haltegriffe ein und vermeiden Sie Aktivitäten, durch welche Sie die potenzielle Fallhöhe und somit das Verletzungsrisiko steigern – zum Beispiel durch das Klettern auf eine Leiter.“

 

So senken Sie das Sturzrisiko im eigenen Wohnbereich:

  • Trainieren Sie Ihre Muskulatur, Koordination und Ausdauer unter Anleitung von Physiotherapeuten und Fitnesstrainern!
  • Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über Nebenwirkungen von Medikamenten, wie Schwindel und Benommenheit!
  • Achten Sie auf Gefahrenquellen im Haushalt, wie Stolperfallen und schlechte Beleuchtung!
  • Befestigen Sie Haltegriffe, wo es notwendig ist – zum Beispiel bei Stufen oder im Bad!
  • Informieren Sie sich über die Möglichkeiten der Rufhilfe! Diese wird zum Beispiel vom Roten Kreuz angeboten und ermöglicht bei einem Sturz ein unkompliziertes Verständigen der Rettungskräfte per Knopfdruck am Armband.

​Veranstaltungs­tipp

Wie man zu jeder Jahreszeit und in jedem Alter möglichst schmerzfrei beweglich bleibt, ist zentrales Thema am 13. Februar um 18:00 Uhr im Klinikum Wels-Grieskirchen. Experten aus Orthopädie und Unfallchirurgie informieren die Besucher zu innovativen Kunstgelenken, den Therapieformen von Bänder- und Sehnenverletzungen, Möglichkeiten der Handchirurgie und im Speziellen zur Sturzprophylaxe.

Klinikum Wissensforum Fokus: Muskeln und Gelenke

Wann: 13. Februar 2020, 18:00 Uhr
Wo: Festsaal, Klinikum Wels-Grieskirchen